Tag 8 – Der erste volle Heliskitag: Schneefall, Höhenmeter und ein fliegender Traum
Nach den wetterbedingten Pausen der letzten Tage war die Sehnsucht groß: Heute sollte es endlich klappen mit einem kompletten Tag Heliskiing.
Das morgendliche Wetterbriefing klang zwar nicht ganz euphorisch – Wind und einsetzender Schneefall am Nachmittag – aber immerhin: Der Vormittag war freigegeben.
Und: Unsere Gruppe war heute wieder als erste dran.






Das bedeutet: Direktflug von der Helibase, keine Wartezeit, und vor allem: Fahrt mit Colin, dem dienstältesten Guide vor Ort. Er bestimmt, welches Terrain befahrbar ist – und legt den Takt für alle anderen Gruppen fest.
Heli-Check und Sicherheitsroutine – mit Turbulenzen
Bevor wir überhaupt zu unserer ersten Abfahrt kamen, drehte Colin mit unserem Piloten mehrere Erkundungsrunden, um Landeplätze und Schneequalität zu prüfen. Der erste Anflug brachte uns auf einen aussichtsreichen Grat – und kurz blinzelte sogar die Sonne durch die Wolken.
Doch oben angekommen, fegte der Wind mit voller Kraft über den Grat. Die Bedingungen waren grenzwertig, also entschieden wir uns nach der ersten Abfahrt, in ein anderes Gebiet zu wechseln. Leider kündigte der Blick Richtung Süden nichts Gutes an – dunkle Wolken schoben sich über die Gipfel.
Heliski: Wie läuft das eigentlich genau ab?
Wer beim Stichwort Heliski direkt an James Bond denkt, wie er aus dem fliegenden Helikopter springt, darf sich beruhigen: In Wahrheit läuft das Ganze deutlich geordneter – und sicherer – ab.
Beim Ein- und Aussteigen gilt ein genaues Protokoll:
- Ski und Lawinenrucksäcke werden vor dem Einsteigen mit einem Skistrap zusammengeschnallt und in den Transportkorb an der Helikopter-Kufe gelegt – ausschließlich durch den Guide und seine Assistenz.
- Wir knien dahinter, halten ggf. den Rucksack fest – besonders bei Wind.
- Einsteigen erfolgt in einer festgelegten Reihenfolge: Der erste reicht die Tür an die nächste Person weiter, um Schäden durch Windböen zu vermeiden. Der Guide sitzt vorne neben dem Piloten.
- Beim Aussteigen öffnet nur der Guide die Tür – er beurteilt die Bedingungen am Landeplatz und gibt erst dann das “Go”.
Was passiert, wenn diese Regeln nicht eingehalten werden, durften wir am Vortag beobachten: Als ein Heli in der Pause abhob, wurden meine Ski durch den Rotorwind mehrere Meter weit über den Landeplatz geschleudert. Zum Glück: ohne Schaden. Und wir waren auch nicht ind er Nähe, wir sollten die Ski liegen lassen.




Ein fliegendes Arbeitstier: Der Eurocopter AS350
Hier bei Last Frontier kommen zwei Eurocopter AS350 (auch bekannt als A-Star) zum Einsatz – leichte, aber leistungsstarke Helikopter, perfekt geeignet für anspruchsvolles Gelände:
„Der AS350 bringt rund 850 Wellen-PS aus einem einzigen Turbinentriebwerk und ist ein echtes Bergfluggerät – präzise, sicher, komfortabel und effizient. Sogar der Gipfel des Mount Everest wurde mit diesem Heli erreicht – 2005 landete Testpilot Didier Delsalle auf 8.850 m Höhe, doppelt so hoch wie eigentlich zulässig.“
Ein Beweis dafür, wie viel Vertrauen man diesen Maschinen schenken kann.
Mehr Infos zum Helikopter:
🔗 AS350 bei Last Frontier
Der Tag nimmt Fahrt auf
Nach ein paar Abfahrten waren wir ein eingespieltes Team – Ski geschnallt, Rucksäcke parat, rein in den Heli, raus auf den Hang.
Während andere Gruppen frühzeitig kapitulierten – der Funk sprudelte irgendwann voll mit dem Kürzel “Gomers” (kurz für Go-Homers) – fuhr unsere Gruppe bis zum bitteren Ende durch.
Nachmittags wurde der Schneefall stärker, aber die Sicht blieb in den tieferen, bewaldeten Bereichen ausreichend. Wir bewegten uns meist zwischen 1.000 und 1.400 Höhenmetern, immer knapp unterhalb der Baumgrenze. Herausfordernd, aber machbar: teils Pulver, teils Pappschnee.
Das Mittagessen gab’s heute wieder draußen am Berg – bei Schneefall, versteht sich. Getränke zwischendurch? Kein Problem: Im Heli unter den Sitzen lagern kleine Flaschen, mit denen wir unseren Flüssigkeitshaushalt auffüllen konnten.
Und: Ich bin den ganzen Tag sturzfrei geblieben. Nach meinem ungewollten Salto am ersten Tag war das ein innerer Sieg.






Sicherheit? Hat hier Priorität.

Neben der Heliroutine gab’s an Tag eins auch eine Einführung in den Ernstfall: Lawinenrettung.
Unsere Ausrüstung:
- ABS-Rucksack (auf Knopfdruck aufblasbar)
- LVS-Gerät (Pieps) mit Sendemodus und Suchfunktion
- Lawinensonde (2,30 m Länge) und Schaufel im Rucksack
- Funkgerät für Notfälle
Wir übten die Abläufe – denn wer sucht, muss schnell und sicher reagieren. Alfonso, mein Gruppenpartner, berichtete, wie er vor Jahren einen verschütteten Freund orten und retten musste. Glück im Unglück – aber ein Mahnmal dafür, wie ernst dieses Thema ist.
Mehr zur Sicherheit bei Last Frontier:
🔗 Sicherheitskonzept ansehen
Höhenmeter statt Whirlpool
Gegen 16:00 Uhr war Schluss – nicht, weil wir wollten, sondern weil es einfach nicht mehr besser ging und der Piltot auch einmal Feierabend machen musste. Wir wurden zum Landeplatz geflogen, der zugleich als Staging Area mit Tankstelle für die Helis dient.
Den Rückflug nach Ripley Creek ersparte man uns 😉 , die Rückfahrt im Bus tat nach dem langen Tag im engen unbequemen Heli sogar gut.
Um 16:30 Uhr waren wir zurück. Ich war dankbar, dass ich meinen Massagetermin bereits gestern wahrgenommen hatte – heute hätte ich ihn wohl nicht mehr geschafft. Stattdessen: Sauna und Stille.
Ein perfekter Skitag – 12 Runs, 5.850 Höhenmeter
Beim Abendessen – wieder exzellent, mit kanadischem Wein – wurden die Tagesstatistiken ausgehängt:
Unsere Gruppe hatte die meisten Höhenmeter aller Teams der letzten drei Tage, heute insgesamt 12 Abfahrten mit 5.850 hm.
Erschöpft, aber glücklich, stießen wir an – auf einen echten Helitag mit allem, was dazugehört: Ski, Schnee, Teamgeist und Abenteuer.
Morgen geht’s weiter. Vielleicht noch besser? Wer weiß. Aber schlechter? Hoffentlich nicht.